Fachgebiet - Geschichte

Zu Beginn umfasste das Institut die Themenbereiche Wasserbau, Hydromechanik, Hydraulik und Hydrologie. Anfang der 2000er Jahre zog die Hydromechanik in den Maschinenbau. In dem Kontext formten sich die zwei Bereiche "Wasserbau und Hydraulik" und "Hydrologie und Wasserbewirtschaftung" zu eigenständigen Fachgebieten, die heute unter dem Schirm des gemeinsamen Instituts für Wasserbau und Wasserwirtschaft tätig sind.

Wasserwirtschaftliche Themen stehen seit der Gründungszeit 1877 im Fokus vieler Forschungsarbeiten an der Technischen Universität Darmstadt. Im Laufe der Jahrzehnte entwickelten sich unterschiedliche fachliche Spezialisierungen, welche zu einer Vielzahl an Lehrstühlen und Schnittstellen führten: Neben dem klassischen Wasserbau waren dies die Lehrstühle für Hydromechanik, Hydraulik und Hydrologie. Die prägenden Gesichter und Namen der einzelnen Lehrstühle von der Gründerzeit bis heute sind in der nachstehenden Abbildung zusammengestellt.

Zeitlicher Überblick über die Professuren und Lehrstuhlinhaber
Zeitlicher Überblick über die Professuren und Lehrstuhlinhaber

Historie am Lehrstuhl

Im Folgenden werden die Professoren näher vorgestellt, welche das heutige Fachgebiet Wasserbau und Hydraulik geprägt haben.

Erster Direktor war Prof. Alexander Koch (1895-1920), ein seinerzeit sehr bekannter Fachmann. Er war Mitglied der Kaiserlichen Kanalkommission, die den Nord-Ostseekanal entwarf. 1904 wurde unter seiner Leitung an der TU Darmstadt mit dem Bau der ersten wasserbaulichen Versuchsanstalt begonnen, die damit weltweit die vierte derartige Universitätseinrichtung war. Prof. Koch führte weltweit die ersten Modellversuche für Tideflüsse aus und wurde u.a. auch in die internationale Kommission für den Panamakanal berufen.

Ihm folgte Prof. Karl Thürnau (1920-1941), in dessen Amtszeit ein neues Versuchsgelände von ca. 90 m x 300 m mit Versuchshalle und eigenem Büro- und Hörsaalgebäude entstand, das im zweiten Weltkrieg dann leider einem Bomberangriff auf Darmstadt zum Opfer fiel.

Prof. Wilhelm Detig (1941-1958) stand dem Institut für Wasserbau und Grundbau, aus dem nach Detigs Emeritierung auch das heutige Institut für Geotechnik hervorging, in seinem dritten Institutsgebäude vor. 1955 wurde das Institut um die Professur für Hydromechanik und Hydraulik erweitert, die Prof. Otto Kirschmer von 1955 bis 1967 innehatte, der bereits in den Jahren 1934 und 1935 Rektor der TH Dresden gewesen war.

Von 1961 bis 1977 leitete Prof. Friedrich Bassler das Institut für Wasserbau. Er rief 1966 die Darmstädter wasserbaulichen Mitteilungen ins Leben, die im Schriftenaustausch mit anderen Universitäten und Bibliotheken heute eine weite Leserschaft haben. National und international bekannt wurde Prof. Bassler insbesondere durch seine Planungen eines hydrosolaren Depressionskraftwerks in der Kattara-Senke in Ägypten. Nach diesem Plan wäre ein ständiger Wasserstrom aus dem Mittelmeer in die Senke geflossen, die wegen der hohen Verdunstung niemals voll geworden wäre. Mit eingebauten Wasserturbinen wäre immerhin Energie im Vergleichswert von etwa 75 % eines Kernkraftwerksblocks vom Typ Biblis erzeugt worden. Das große Problem war (und ist) der Durchbruch durch das bis zu ca. 200 m hohe Randgebirge zwischen Senke und Mittelmeer. Basslers damals allgemein akzeptierte Idee war die Freisprengung von Kanälen unter der seinerzeitigen Maßgabe einer friedlichen Nutzung der Atomkraft. Durch einen Wechsel der politischen Ausrichtung in Ägypten kam es hierzu nicht mehr.

Auf Prof. Bassler folgten Prof. Joseph Mock (1979-1994) für den Bereich Wasserbau und Prof. Ralph C.M. Schröder (1967-1990) für die Bereiche Hydrologie und Hydraulik, die Anfang der 1970iger Jahre eine vierte Versuchsanstalt erhielten. Im Zuge der Hochschulreform wurden weitere Professuren eingerichtet: Prof. Wolfgang Schröder für Wasserbau (1972-2000), Prof. Walter Tiedt für Hydromechanik und Grundwasserhydraulik (1972-1998), Prof. Hannes Lacher für Grundwasserhydraulik (1972-1982) und Prof. Georg Euler für Hydrologie (1980-1987).

Nach Prof. Mock leitete Prof. Ulrich Zanke den Bereich Wasserbau (1995-2012). Das Fachgebiet Ingenieurhydrologie und Wasserbewirtschaftung wurde zeitgleich von Prof. Manfred Ostrowski geleitet.

Seit 2013 sind Wasserbau und Hydraulik wieder in einem Lehrstuhl vereint: Das aktuelle Fachgebiet Wasserbau und Hydraulik wird derzeit von Prof. Boris Lehmann geleitet. Heute ist dem Fachgebiet eine große wasserbauliche Forschungsanstalt mit 2500 m² Grundfläche und einem leistungsstarken pumpenbetriebenen Wasserkreislauf wie auch ein Werkstattbereich zugeordnet. Die behandelten aktuellen wasserbaulichen Fragestellungen haben sowohl grundlagenspezifischen als auch anwendungsbezogenen Charakter – dazu wird nach wie vor das wasserbauliche Versuchswesen stark eingesetzt und durch moderne hydrodynamische Modellierungen und Feldversuchstechniken/Messtechniken ergänzt. Auch ein wichtiger Teil der Ausbildung junger Wasserbauingenieurinnen und -ingenieure findet heute nicht nur am Rechner, sondern immer noch anhand von Demonstrations- und Übungsmodellen im wasserbaulichen Forschungslabor statt.